Kultur und Wirtschaft inspirieren sich beim Sommerempfang der IHK Nordschwarzwald in Pforzheim (von links): Ornamenta-Kurator Willem Schenk, IHK-Hauptgeschäftsführer Martin Keppler, dessen künftige Nachfolgerin Tanja Traub, IHK-Präsidentin Claudia Gläser, Regionalverbandsvorsitzender Klaus Mack, Ornamenta-Kuratorin Katharina Wahl, Ornamenta-Kurator Jules van den Langenberg und Monika Schweickert, Geschäftsführerin der AG Kulturregion.
Foto: wkw
Pforzheim / Region (wkw). Wie sich Kunst, Kultur und Wirtschaft gegenseitig inspirieren, davon überzeugten sich über 300 Gäste beim ersten Sommerempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nordschwarzwald nach zwei enthaltsamen Corona-Jahren in Pforzheim. IHK-Präsidentin Claudia Gläser, geschäftsführende Gesellschafterin der Gläser Group in Horb, betonte auf der künstlerisch gestalteten „Kurpromenade“ des virtuellen Ortes Bad Databrunn die zentrale Bedeutung der kulturellen und touristischen Attraktivität der Region.
„Bad Databrunn“ ist eines von fünf kuratorischen Themengebieten der Ornamenta 2024. Dieses Format wurde ins Leben gerufen, damit sich Pforzheim und der Nordschwarzwald gemeinsam zukunftsgerichtet weiterentwickeln sowie als attraktive Kultur-, Hochschul- und Wirtschaftsregion positionieren können. „Sich auf Neues einzulassen, das Unbekannte und Unerwartete zuzulassen, schafft Raum für innovative Gedanken und Ansätze“, sagte Gläser. Auch die Wirtschaft brauche nach zwei Corona-Jahren dringend Innovationen. Da Kunst und Kultur als Standortfaktoren für die Region nicht hoch genug einzuschätzen seien, setze sich die IHK für günstige Standortbedingungen im Nordschwarzwald, aber auch für eine zukunftsfähige Infrastruktur und kulturelle Vielfalt ein.
Dass der IHK-Sommerempfang zugleich auf den Kultursommer des Regionalverbandes Nordschwarzwald einstimmte, zeige „die Verbundenheit der Institutionen im Interesse der gesamten Region“, so die Horber Unternehmerin auf der Freiluftbühne vor dem IHK-Haus. Der Regionalverbandsvorsitzende Klaus Mack sprach von zwei Verbündeten, die sich gegenseitig stärken. Die Kultur nehme einen hohen Stellenwert im Nordschwarzwald ein. Denn eine starke Wirtschaftsregion zeichne nicht nur einen „schnellen Autobahnanschluss“ aus, sondern werde auch durch „gelebte Regionalität“ wahrgenommen. Die Tragsäulen der Region freilich seien die mittelständischen Unternehmen.
Die Kultur sei das „unsichtbare Band“, das alles zusammenhalte. Wichtig sei das partnerschaftliche Zusammenwirken der regionalen Institutionen, so der Bundestagsabgeordnete, um die Region als Ganzes zu stärken. Insofern setze der IHK-Sommerempfang ein Zeichen, um zu zeigen, dass der Nordschwarzwald durchaus mit Kultur in reizvoller Landschaft punkten könne.
Ähnlich wie die Ornamenta, die die Trennung zwischen Natur, Mensch und Technologie künstlerisch hinterfragt, steht für IHK-Präsidentin Claudia Gläser die gemeinsame Arbeit an der Zukunftsentwicklung des Nordschwarzwalds im Mittelpunkt ihrer zweiten Amtszeit, in die sie nach ihrer Wiederwahl durch die IHK-Vollversammlung Ende Juni gestartet war.
Durch die „Entwicklungsstrategie 2030+“ seien schon während ihrer ersten Amtsperiode mit den unterschiedlichsten Akteuren aus der Region die strategischen Handlungsfelder Vernetzung, Erlebbarkeit, Umwelt und Digitalisierung erarbeitet worden. Wichtige Fördermittel habe man in die Region holen sowie verschiedene Infrastruktur-, Bildungs- und Entwicklungsprojekte anstoßen können, um die Wirtschaft der Region weiter zu stärken.
Dazu sei es nötig, durch Bildung und Qualifizierung digitale Kompetenzen zu vermitteln sowie neue, digitale Geschäftsmodelle und eine dynamische Gründungskultur zu fördern. Im Bereich neuer Mobilitätslösungen sieht Gläser „große Chancen für den Nordschwarzwald“, weshalb Zukunftsthemen wie das teilautonome Fahren und der flächendeckende Ausbau von Ladeinfrastrukturen „großflächig ausgerollt“ werden müssten.
Zugleich warnte Gläser vor dem allzu oft erhobenen „moralischen Zeigefinger“, denn „Ideologie ist kein guter Ratgeber und ein Hemmschuh für Innovationen.“
Die IHK-Präsidentin sprach sich dafür aus, junge Menschen mehr für eine duale Ausbildung zu motivieren, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Jeder Ausbildungsplatz sei ein „Mehrwert für die Region“. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass die Herausforderungen für den Mittelstand, wie Innovation, Nachfolge, Energiewende und digitale Transformation „knochenharte Arbeit“ seien, die viel Geld und Zeit koste. Die Politik tue gut daran, dem Mittelstand als wirtschaftliches Rückgrat der Gesellschaft Handlungsspielräume und Unterstützung zu geben und ihm nicht immer mehr Bürokratie aufzulasten.
Gemeinsam mit IHK-Hauptgeschäftsführer Martin Keppler, dessen künftiger Nachfolgerin Tanja Traub sowie den Ornamenta-Kuratoren Willem Schenk, Katharina Wahl und Jules van den Langenberg stimmte Claudia Gläser die Gäste des IHK-Sommerempfangs auf den Kultursommer Nordschwarzwald ein, der bis zum 14. August das vielfältige kulturelle Leben in den Landkreisen Calw, Freudenstadt, dem Enzkreis und in der Stadt Pforzheim umfasst.
Ornamenta-Geschäftsführer Christian Saalfrank betonte, die Ornamenta sei „kein Projekt, sondern ein Prozess“, dessen voller Ideenkoffer in der Region zum Leben erweckt werde. Einen ersten Eindruck gewannen die Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Politik beim Stopp an den sieben Stationen von „Bad Databrunn“. Die virtuelle „Kurpromenade der Zukunft“ war von regionalen und überregionalen Künstlerinnen und Künstlern gestaltet worden. So gab es unter anderem eine Hommage an Cleopatras berühmtes Milch-Bad, die filmische Arbeit „Springtime“ des Performancekünstlers Jeroen Eisinga zu sehen, wie er sich von 150.000 Bienen einkreisen lässt, die Handwaschung in einer künstlichen Heilquelle, die Wischaktion des niederländischen Künstlers Leon de Bruijne an den Scheiben des IHK-Hauses, den Tanz auf den Limetten von Natasha Papadopoulou und handgefertigte Accessoires als exklusive Giveaways vom international gefeierten Modedesigner und Absolventen der Hochschule Pforzheim, Aziz Rebar. Dazwischen war Bummeln über die Kurpromenade auf der eigens an diesem Abend für den Autoverkehr gesperrten Dr. Brandenburg-Straße angesagt – mit Essen, Trinken, Musik und vor allem Netzwerken. In den Kunstreigen integriert wurde ebenfalls die Orchestervereinigung Calmbach unter Leitung von Manuela Maly, die passend zur Stimmung an diesem lauen Sommerabend in der Pforzheimer Innenstadt Blasmusikstücke zum Thema Wasser intonierte.