Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch diskutiert mit den Mitgliedern des Wirtschaftsforum Süd im Stuttgarter Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz.
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Calw / Freudenstadt / Pforzheim / Nordschwarzwald (k-w). Der Ländliche Raum braucht Perspektiven, damit die Menschen im Leben auf dem Land eine Zukunft sehen. Das betonte Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch in einer Begegnung mit dem Wirtschaftsforum Süd. Die Mitglieder des Unternehmervereins aus dem Nordschwarzwald tauchten in Stuttgart für einen Tag in die Welt der Politik ein.
„Ich freue mich, dass sie in Zeiten, in denen Politik oft mit einem Negativ-Image behaftet ist, bewusst den Dialog mit den Abgeordneten suchen“, begrüßte die Mandatsträgerin die Wirtschaftsvertreter im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Als Infrastrukturministerium könne es mit einem Volumen von 69 Millionen Euro im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum zielgenau die Themen Wohnungsbau, Arbeitsplätze und Nahversorgung gestalten. “Unser oberstes Ziel ist, den Ländlichen Raum, in dem ein Drittel der Bürger wohnt, attraktiv zu halten. Man muss sich einiges einfallen lassen, um dies zu erreichen“, gestand Gurr-Hirsch, „er hat aber auch viel Potenzial.“
Noch gebe es wegen der Abwanderung in die Ballungsräume keinen Grund zur Sorge. In den nächsten Jahren müssten die Landkreise eher mit Bevölkerungszuwachs rechnen, was auch den Wohnungsbau vor neue Herausforderungen stelle. Dennoch sei es dringend an der Zeit, den Ländlichen Raum so aufzustellen, dass er nicht an Wohnwert verliert. Dazu gehöre die ärztliche Versorgung ebenso wie Pflege und Mobilität. Gurr-Hirsch verwies auf das Pilotprojekt zur besseren Erreichbarkeit im Kreis Calw.
Die Dualen Hochschulen zeigten, wie wichtig es sei, tertiäre Bildung aufs Land zu bringen. Junge Leute, die in der Heimat studierten, blieben in der Regel ihren Vereinen treu und würden sogar dort sesshaft. Das Land werde verstärkt in den ländlichen Wohnungsbau investieren. Es sollen mehr interkommunale Gewerbegebiete gefördert und Start-ups begleitet werden. Wohlwollend nahmen die Unternehmer zur Kenntnis, dass die Landesregierung kräftig in Digitalisierung investieren werde.
Die Politikerin brach eine Lanze für die Landwirtschaft, die in Zeiten, „in denen wir uns noch nie so gesund ernährt haben wie heute“, nicht zum Buhmann abgestempelt werden dürfe. Die Staatssekretärin wich auch unbequemen Fragen aus den Reihen der Führungskräfte nicht aus. Den Wirtschaftsvertretern verriet sie sogar ihren „größten Lebenstraum“: Alltagskompetenz als Schulfach. Der Ernährungsführerschein für Drittklässler, der seit September 2017 eingeführt ist, sei ein kleiner, aber erster Schritt dorthin.
Siegfried Katz dankte der Staatssekretärin, dass sie die persönliche Begegnung in der Landeshauptstadt möglich gemacht habe. „Man merkt, dass sie von der Basis kommen“, verwies der Sprecher des Wirtschaftsforums Süd auf ihre Fachkompetenz. Die Geschäftsstelle Nagold der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald unter Leitung von Carl Christian Hirsch habe den spannenden Ausflug in die Politik perfekt organisiert.
Später stellten sich im Landtag die Abgeordneten Thomas Blenke (Calw) und Dr. Timm Kern (Freudenstadt) sowie Fabian Gramling, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, der Diskussion. Einig waren sich Politiker wie Wirtschaftsvertreter, dass die Digitalisierung rasch ausgebaut werden muss. Denn sie sei eine Überlebensfrage für den Ländlichen Raum. Nicht nur Unternehmer bräuchten schnelle Internetanschlüsse. Junge Arbeitnehmer und Familien würden heute ihre Wohnortwahl davon abhängig machen. „Wir dürfen diese Zukunft nicht verschlafen“, sagte Kern und Blenke betonte: „Der Ausbau der Datenautobahnen ist eine große Zukunftsaufgabe, vor allem auch mit Blick auf die Wirtschaft.“ Weitere Schwerpunktthemen der Gesprächsrunde waren die Bildungspolitik und die innere Sicherheit.
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Die Hilfe zur Selbsthilfe ist das zentrale Hauptanliegen des Wirtschaftsforums Süd, dessen Mitglieder aus den Landkreisen Freudenstadt, Calw, Pforzheim, Böblingen und dem Enzkreis stammen. Der Unternehmerverein wurde vor über 30 Jahren im Nordschwarzwald gegründet, um Persönlichkeiten aus der Wirtschaft zusammenzuführen. Das Wirtschaftsforum Süd fördert den Gedankenaustausch zwischen den Generationen. Seine Vortragsabende und Seminare geben vielen Geschäftsinhabern und Führungskräften aus der Wirtschaft Impulse für das eigene Unternehmen. Städtereisen und Besuche in Mitgliedsbetrieben sind optimale Foren für lebendigen Austausch und Dialog.